Women in Coffee - Weltfrauentag 2024

Seit Oktober 2022 bin ich Mitglied in einem Netzwerk aus Frauen, die in der Kaffeebranche arbeiten. Das Ziel: Die Projekte jeder einzelnen von uns durch Informationsaustausch voranzubringen, und manchmal einfach ein offenes Ohr zu bieten.

So kam es, dass sich eine von uns bei uns emotionale Unterstützung gesucht hat, als es im Rahmen von Teilnehmerdisqualifikationen auf einer kürzlich stattgefundenen Veranstaltung zum Posten höchst frauenbeleidigender Posts auf Instagram kam. Obwohl dieses Verhalten gut und gerne scharf kritisiert werden könnte, möchten wir heute, am Weltfrauentrag, den Fokus anders setzen, und lieber auf die unglaublichen und bewundernswerten Frauen aufmerksam machen, die wir im Laufe der Arbeit mit Dailima kennenlernen durften.

Vorhang auf für:

Janine de Laar, Q Graderin, Competition Coach und Mitarbeiterin im Kaffeehandel für ECOM Kaffee in Hamburg. Außerdem hat Janine das angesprochene Frauennetzwerk gegründet.

Ann-Kathrin Wehse de Calderón, Kaffeeimporteurin, Gründerin und Geschäftsführerin von Caraya Coffee, röstet ihren Kaffee im Communal Coffee in Berlin.

Enid Esquivel Masias, Q Graderin, langjährige Rösterin, Gründerin von Tika Coffee Perú, sowie Teilnehmerin und Jury an diversen internationalen Kaffee Wettbewerben.

Magally Tello-Grandez, Kaffeeproduzentin und Geschäftsführerin der Finca Grandez (der Heimat unseres eigenen Kaffees!).

Karina Tello-Grandez, Kaffeeproduzentin, Administration, Logistik und Personalführung der Finca Grandez.

Jessica Tello-Grandez, Kaffeeproduzentin, Kundenservice und Barista der Finca Grandez.

Diese Frauen, die uns in unterschiedlichen Phasen unseres Projektes unterstützt haben, haben uns zwei große Fragen zum Thema „Frauen in Kaffee“ beantwortet.

 

Welchen Herausforderungen musstest du dich als Frau im Rahmen deiner Tätigkeit stellen?

Janine: Es kommt als Barista immer wieder zu Situationen, in denen Kunden fordern „den Chef zu sprechen“, oder sich in der Kommunikation unabhängig von der Erfahrung der Menschen hinter dem Tresen direkt an meine männlichen Kollegen wenden. Es wird irgendwie damit gerechnet, dass Männer kompetenter sind, und das können viele Frauen, die ich kenne, bestätigen. Besonders merkt man das im Kaffeehandel. Oft arbeiten in dieser Branche überwiegend Männer, und die seltene Frau darf dann während der Trader-Meetings das Telefon hüten. Ich bin jetzt glücklicherweise in einem Kaffeehändler-Team, das hauptsächlich aus Frauen besteht, und das ist unglaublich schön in der Kommunikation!

Ann-Kathrin: Ich habe, bisher zumindest, selten Diskriminierung in der Kaffeebranche erfahren, da hatte ich einfach Glück in der Zusammenarbeit mit tollen Menschen. Allerdings kommt es bei der Betreuung von Gastrokunden immer wieder zu Vorfällen. Beispielsweise sollte ich letztens eine Siebträgermaschine nochmal einstellen. Auf meine Erklärungen zum Handling der Maschine reagierten meine männlichen Gegenüber schnell abwertend, gemäß der Einstellung „das weiß ich doch alles schon“. Auch werde ich ausschließlich von Männern in Bezug auf den Importvorgang, den ich selbst abwickle, immer wieder mehrfach gefragt, ob ich denn selber importiere oder wer das für mich mache. Vielleicht wäre das anders, wenn ich ein Mann wäre?

Enid (Übersetzung aus dem Spanischen): Ich denke, dass wir als Gesellschaft in Bezug auf die Geschlechterfrage sehr gereift sind. Es sind eher Herausforderungen im guten Sinne, wie die Schaffung von Betriebskapital, Beständigkeit, Qualität und vor allem Vertrauen.

Magally (Übersetzung aus dem Spanischen): Die Arbeit auf den Feldern kann schwer und hart für eine Frau sein, die Mehrheit der Erzeuger in der Gegend sind Männer, und für uns als Kaffeebäuerinnen ist der Transport der geernteten Bohnen und das Waschen des Kaffees in den Erntemonaten sehr mühsam und anstrengend, aber wir versuchen es. Eine weitere Herausforderung ist die Verwaltung der Ressourcen, die Finca befindet sich in einem Weiler ein wenig entfernt von der Stadt Rodríguez de Mendoza. Transport und Kauf von, sowie die Beschaffung von Personal für die Durchführung von Bauarbeiten und Ausbesserungen sind kompliziert. Das verzögert unsere Prozesse, lässt nicht zu, dass wir vorankommen und gewisse Aufgaben rechtzeitig erledigen.

Karina (Übersetzung aus dem Spanischen): Vor allem in Ländern wie Peru oder Branchen wie der Landwirtschaft, in denen Frauen als Unternehmerinnen noch nicht gewöhnlich sind, ist der Zugang zu Informationen für Frauen teilweise beschränkt. Es ist ein proaktiver Kampf, sich das nötige Wissen anzueignen und es jeden Tag in die Tat umzusetzen.

Jessica (Übersetzung aus dem Spanischen): Als Barista ist man vor allem gegenüber den Kunden verantwortlich. Sie sollen sich wohlfühlen! Aber oft ist die Einstellung gegenüber weiblichen Servicekräften eher herablassend. Für jemanden wie mich, der seit Generationen im Kaffeegeschäft arbeitet, ist das sehr ernüchternd.

 

Was für einen Rat würdest du Frauen an die Hand geben, die in deine Fußstapfen treten möchten?

Janine: Sich mit anderen Frauen austauschen, andere Coffee Professionals mit ins Boot holen (geschlechter-unspezifisch) und sich trauen, die Dinge zu tun, die du immer schon einmal machen wolltest. Du kannst das nicht, gibt es nicht. Alles ist einen Versuch wert, daran kannst du nur wachsen!

Ann-Kathrin: Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, sich mit seiner Idee oder seinem Produkt zu zeigen. Feedback einzuholen, zu netzwerken, und sich niemals zu verstecken. Ich schaue mir da manchmal auch gerne männliche Kollegen an und sage: "Von denen kann ich noch etwas lernen in punkto Selbstvertrauen, da kann ich mir noch ein Stück abschneiden“. Denn ich habe festgestellt, dass männlich gelesene Personen sich im Durchschnitt häufiger nach vorne trauen und den Mund aufmachen. Ganz egal, wie der Wissensstand oder die Expertise bei ihnen ist. Da ist ganz viel Selbstsicherheit. Das können wir im Prinzip alle. Wir dürfen bloß keine Angst davor haben und uns nicht verstecken. Sondern rausgehen und machen. Auch und vor allem, wenn es nicht perfekt ist!

Enid (Übersetzung aus dem Spanischen): Beharrlichkeit, Demut und Aufrichtigkeit. Wenn man alle drei hat, wird der Weg leichter. Wenn man das, was man tut, jeden Tag mit anderen teilt, lernt man von anderen! Und das ist es, was sich summiert!

Magally (Übersetzung aus dem Spanischen): Ich würde Frauen, die Unternehmerinnen in der Kaffeebranche werden wollen, sagen, dass sie trotz aller Herausforderungen nicht aufhören sollten, für ihre Ziele zu kämpfen. Es ist wichtig, dass sie sich mit einem Netzwerk von professioneller und persönlicher Unterstützung umgeben, das sie bei allen Hindernissen, die sich ihnen in den Weg stellen, begleiten und unterstützen kann, damit sie als Unternehmerinnen in diesem wunderbaren Geschäft des Kaffees erfolgreich sein können.

Karina (Übersetzung aus dem Spanischen): Egal, in welcher Branche man gründet, es braucht Ausdauer, Teamarbeit und Disziplin.

Jessica (Übersetzung aus dem Spanischen): Es gibt viel über den gesamten Prozess zu erfahren, der mit dem Trinken einer Tasse Kaffee verbunden ist, vom Pflanzen, Ernten, Rösten usw.. Dieses Wissen sollte man sich aneignen. Vor allem lebt die Branche auch von seiner Kaffeekultur. Man sollte ein Teil davon werden!

 

Ich persönlich kann mich dem nur anschließen. Es gibt Dinge, wie der Handel, die für gewöhnlich und immernoch nicht mit Frauen assoziiert werden. Dadurch wird mir als Frau, möglicherweise auch aufgrund mangelnder Visibilität von Frauen in genau diesen Rollen, von meinem Umfeld gespiegelt, das sei nichts für Frauen. Und im schlimmsten Fall zweifelt man irgendwann selber daran. Einen Ratschlag haben alle Frauen, die wir befragt haben, gemein: Der Kontakt zu anderen Frauen in der Kaffeebranche ist wichtig! Nicht nur für den Informationsaustausch, sondern um Selbstvertrauen zu gewinnen. Kompetente und selbstbewusste Frauen als Vorbilder, das wünschen wir uns, und daran arbeiten wir bei Dailima auch. In diesem Sinne feiern wir den Weltfrauentag als eine großartige Möglichkeit, diesen Vorbildern Visibilität zu geben.